Meine Faszination für die Natur
- Nicole
- 30. Apr.
- 5 Min. Lesezeit

Du gehst durch den Wald, dessen Grün gerade explodiert ist und taufrisch an den Ästen der Bäume hängt und im saftigen Gras zu finden ist. Du streifst darüber und spürst, wie es sich deiner Berührung anpasst, das Kitzeln der Halme auf deiner Haut. Die Sonnenstrahlen dringen vereinzelt durch die Äste und wärmen dein Gesicht, blenden dich ein bisschen, der blaue Himmel schimmert zwischen ihnen hindurch. Eine leichte Böe streift dein Gesicht und trägt den Duft der Frühlingsblüten zu dir. Die Blüten vermitteln dir Vorfreude auf die Walderdbeeren, die wilden Him-, Brom- und Heidelbeeren, die die Pflänzchen in nicht allzu ferner Zukunft tragen werden und du kannst den süßen Geschmack quasi schon auf deiner Zunge wahrnehmen. In der Nähe sitzt eine Amsel auf dem Ast einer jungen Birke und singt ihr fröhliches Lied. Eine Hummel brummt vorbei, um fleißig die nächste Blüte zu bestäuben. Du schließt die Augen, lächelst friedvoll und bist genau da, wo du sein sollst: im gegenwärtigen Moment.
....hallo du. :) Bist du wieder bei mir? Ein bisschen entspannter? Ja?
Na dann heiße ich dich herzlich Willkommen zu meiner dritten Feder :)
Beim Punkt mit der Hummel hätte ich gerne was geschrieben, was meine Mama manchmal sagt und mich zum Lächeln bringt: "A Hummerl macht a Brummerl auf am Blumerl." :D
Ich hatte nur das Gefühl, das würde das meditative Gefühl, das ich vermitteln wollte, unterbrechen. Vollständig vorenthalten wollte ich dir das jedoch nicht. ;)
...ist es dir aufgefallen? Ich habe gerade beschrieben, wie die Natur es schafft, alle unsere Sinne anzusprechen und unsere Aufmerksamkeit auf den jetzigen Moment zu richten. Denn das ist genau die Zeit, in der wir uns auch innerlich am häufigsten befinden sollten: die Gegenwart.
Im Gegensatz zu mir weiß die Natur das auf beeindruckende Weise umzusetzen: ist es nicht faszinierend und irgendwie auch beruhigend, wie zuverlässig und immer wiederkehrend die Natur im Frühling wieder zum Leben erwacht? Egal, wie lang der Winter war und die Insekten und Vögel und Bäume und Pflanzen frieren mussten? (Ja, ich weiß, auf einige Insekten könnten wir alle verzichten, aber auch die nervigen haben irgendeinen Nutzen für's Ökosystem - und wenn sie nur dafür da sind, von Nutzlingen gefressen zu werden ;D) Und damit zieht sie uns gleich mit! Wir sind wieder aktiver, haben mehr Lust, neue Projekte anzugehen, leben wieder mehr, weil die Tage länger sind und wir fühlen uns irgendwie begeisterungsfähiger, munterer, fröhlicher...

Und ja - ich denke, du kennst das auch: es gibt Tage an denen das Wetter sich von seiner besten Seite zeigt, man das Gefühl hat, die ganze Stadt verbringt ihr Leben produktiv draußen mit nützlichen Dingen oder Sport oder Geselligkeit und man selbst... Joah, du bist müde und träge und hast einfach mehr Lust, zuhause zu bleiben und Ruhe vor all den Menschen zu haben, die ihr Leben vermeintlich so gut im Griff haben. Und fühlst dich wahrscheinlich auch noch schlecht dabei, vielleicht sogar wie ein Versager - so geht das zumindest mir gerne, wenn ich solche Tage oder sogar Phasen habe: "Was stimmt denn nicht mit mir, ich müsste doch wie alle anderen jetzt voller Lebensfreude stecken?"
Und wieder möchte ich die Natur als Metapher heranziehen - das mach ich sehr gerne, wie du merkst ;)
Ja, die Natur blüht auf. Aber dafür braucht es was.
Es braucht nicht zu viel und nicht zu wenig Sonne UND nicht zu viel, nicht zu wenig Regen. Pflanzen brauchen die richtigen Ortsverhältnisse, um gedeihen zu gönnen, Blumen brauchen ihre Helfer aus dem Insektenreich, um blühen zu können. Es braucht die Regenwürmer, die die Erde auflockern. Es braucht sogar die Parasiten, die alte, tote Stämme befallen, um sie zu zersetzen und so Platz und Boden für neue Bäume zu schaffen. Und die Natur braucht das Loslassen ihrer welkenden Blätterlast nach einem heißen Sommer im Herbst, sie braucht die Pause im Winter, um im Frühling wieder voll loslegen zu können.
Das ist natürlich nur ein wiiiinzig kleiner Bruchteil und ein absoluter Blitzkurs zum Thema Ökosystem, aber es reicht, um deutlich zu machen: nichts funktioniert ohne Bedingungen.
Auch du nicht. Und ich nicht.
Wenn ich so weit bin, aus meinem "du faule Sau"-Modus rauszukommen und konstruktiv, statt selbstzerstörerisch zu sein, versuche ich, zu reflektieren, was denn mein Blühen gerade verhindern könnte. Und oft wird mir dann erst so richtig bewusst, was gerade alles so bei mir los ist: die Arbeit ist wahnsinnig stressig und ich habe das Gefühl, nicht genug zu leisten; eines der Hundemädls (oder beide) macht mir gerade Sorgen oder ärgert mich, weil Trotzkopf angesagt ist; ich hätte so viel zu tun, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll und dann in meiner Starre verharre; ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich vermeintlich zu wenig für meinen Partner, meine Mama, meine Freunde da bin; ich hab schon viel zu lange nicht mehr meditiert und ordentliche Selbstfürsorge betrieben; ich esse nicht gesund genug; ich bewege mich nicht genug...
...du merkst es, oder? Zum allergrößten Teil ist es mein eigener Kopf, der mir den Stecker zieht.
Und darum liebe ich es, zu schreiben: dass es sehr häufig nicht die tatsächlichen, "phyischen" Umstände sind, die mich in diese Lethargie bringen, sondern tatsächlich meine eigenen Gedanken, das ist mir gerade beim Schreiben selbst erst bewusst geworden. Du warst jetzt quasi live bei einer Erleuchtung dabei :D
Um den Bezug zur Natur wiederherzustellen: woran ich vorhin nicht gedacht habe, aufzuzählen, sind natürlich nicht nur die äußeren, sondern auch die inneren Umstände. Wird ein Baum von Parasiten befallen und hält das zu lange an, können die äußeren Umstände noch so perfekt sein - er wird morsch und welk.
Natürlich kann es aber genauso gut sein, dass bei dir im Außen gerade viel los war oder ist und du gerade ein Energiedefizit hast. Du hattest oder hast mit Umständen zu kämpfen, die nur du kennst und genau mit den gleichen kämpfen alle anderen Menschen eben nicht.
Egal, was die Gründe dafür sind: Akzeptanz und Vertrauen sind meine besten Helfer. Sie sind quasi meine Bienen, Hummeln und Schmetterlinge ;D Ich weiß - so rein rational, ohne "faule Sau"-Modus - dass mein Körper nicht ohne Grund nach Ruhe verlangt. Wenn ich es schaffe, zu akzeptieren, dass er sie gerade braucht, sie ihm gebe und darauf vertraue, dass das - wie ein Gewitter oder eine Dürreperiode - nur eine Phase ist, dann durfte ich schon oft feststellen, dass sich mein Akku schneller wieder aufgeladen hat. Und nicht selten erkenne ich erst in diesen Phasen meine eigenen Energieräuber.
Auch der Körper ist ein Wunderwerk der Natur und so baut auch hier alles aufeinander auf und hat seinen Grund - eben auch der Parasitenbefall und die Regenphasen. ;)
Winzige Zahnräder im gewaltigen Uhrwerk des Universums - du erinnerst dich? :D
Ich könnte noch eeeeewig über meine Faszination für die Natur und das intelligente Zusammenspiel von allem schreiben, aber das würde für einen einzigen Artikel den Rahmen sowas von sprengen - es wird wohl noch einige geben. Es gibt eben immer passende und tiefsinnige Metaphern, die einem komplexe Zusammenhänge in sich selbst besser verständlich machen. :)
Als kleine Hintergrundinfo möchte ich noch kurz schreiben, dass ich bei meinem Waldspaziergang in der Mittagspause einfach Lust verspürt habe, über die Natur zu schreiben. Als ich jetzt anfing zu tippen, wusste ich gar nicht so genau, wo ich eigentlich hinwill mit diesem Artikel. Das Thema hat sich - wie schon bei den ersten beiden Malen - von selbst ergeben. Ich muss sagen - das macht echt Spaß und ist eine überraschende, aber willkommene Abwechslung zu meinem sonst so präsenten Wunsch nach Kontrolle ;D
Zum Schluss wünsche ich dir, dass du dir die Zeit nimmst, mal achtsam durch unsere Natur zu gehen und deine eigenen Metaphern für deine aktuellen Themen zu finden. Es hat wirklich einen therapeutischen Effekt. ;)
Viel Spaß beim Aufblühen und bis zur nächsten Feder,
deine Nicole :)
Liebe Nici!
Nun hab ich es endlich geschafft, alle drei "Federn" mir in Ruhe durchzulesen! Und ich danke dir für deinen Mut und deine Worte in deinem Blog. Denn nicht nur, dass dir das Schreiben gut tut. Nein auch mir! Eigentlich wäre ich auf dem Weg mal wieder mit dem Bus in die Ferne. Doch nun sitze ich mit Magenschmerzen und -krämpfen hier fest. Doch mit dem Lesen deines Blogs wurde es erträglicher. Ein Ausflug mit dem Kopf in die Ferne, in die Vergangenheit und in die Natur! Und natürlich in sich selbst! Und das Dank dir! Ich freu mich auf deine weiteren Beiträge und wünsche dir alles Gute, Kraft und Liebe. Deine Silvi ✌️